Luise Wolf

schreibt in und aus Kunst, Kultur und Wissenschaften
Journalistin, Autorin, Forscherin

Vielleicht wurde die Sprache erfunden, um die Taubheit zu vergessen

Audiowalk durch die Ausstellung "KlangSehen"

Das Foyer der Universitätsbibliothek Berlin – ein Durchgangsraum, Aufenthaltsraum, Kantine, Betriebsraum, Leselounge und sozialer Treffpunkt. Dieser Raum ist voller Spannungen und Resonanzen. In einem Audiowalk erleben die Besucher:innen den Raum qua der imaginativen Wirkung des Klanglichen anders, Ereignis-offen. Erzählerstimmen leiten und begleiten durch den Raum.
Wie beeinflusst uns die bewusste oder unbewusste Wahrnehmung von Klang im Alltag? Welche Bedeutung entfaltet der reine Klang jenseits des Symbolischen? Der sprachliche und sonische Gehalt des Hörstückes streift subtil aktuelle und philosophische Themen wie Reizüberflutung und sozialen Ausschluss im öffentlichen Raum.
Im Verlauf des Walks können die Hörer:innen anderen, fernen, ungehörten oder unhörbaren Klangwelten lauschen; dem chaotischen Klanggemenge der Stadt, den Geräuschen des Waldes, den körpereigenen Lauten. In einer Hörwelt, die die Gedanken und die Umgebung umspielt, werden die Besucher:innen auch selbst befragt: Muss Sinn klingen? Werden wir uns selbst überhaupt hörbar? Literarische und philosophische Narrative umkreisen diese Fragen spielerisch. Die menschliche Stimme trägt immer beide Sinnschichten in sich. Der ergreifende Ton einer Stimme kann uns seine Botschaft wirklich in den Körper spielen; zugleich kann sie uns dadurch zu nahe treten, unheimlich werden und uns klingend im Anderen von uns selbst entfremden.

 

Teilnahme

Foyer des Jakob-und-Wilhelm-Grimm-Zentrums der Humboldt-Universität zu Berlin, vom 12. Okt. bis 27. Nov. 2015, im Rahmen der Ausstellung KlangSehen – Visualisierungsstrategien und Wahrnehmungspraktiken von Schallereignissen.
Besucher:innen erhielten einen MP3-Player und Kopfhörer, vom Startpunkt aus ca. 15 Minuten Dauer, Integration eines Videos und eines künstlerisches Objektes der Ausstellung KlangSehen, deutsche und englische Version, barrierefrei zugänglich.

 

Mitwirkende

Produktion: Luise Wolf, Julia Weitzel, Rodolfo Acosta, Valentin Peitz, Teaser: Luise Wolf, Sprecher: Luise Wolf, Valentin Peitz, Judith Bohle, Richard Barman (engl.), Zitat: Jean-Luc Nancy »Zum Gehör«, Musik: Johannes Brahms, Variationen und Fuge über ein Thema von Händel, op. 24, Var. XXI. Pierre Feraux (Klavier), Quelle: Jamendo.
Die Ausstellung entstand im Rahmen des Forschungsprojektes KlangSehen im Master-Studiengang Kulturwissenschaft der Humboldt-Universität zu Berlin in Kooperation mit dem Exzellenzcluster »Bild – Wissen – Gestaltung«, Investigatoren: Dr. Christian Kassung, Prof. Dr. Jürgen P. Rabe, Dr. Holger Schulze, Kuration und wissenschaftliche Leitung: Dr. Carla J. Maier, Franziska J. Paul.

 

Resonanz

Die Wechsel zwischen Sprecher, Musik und Raumakustik haben uns in eine eigene Welt versetzt. Es ist wie eine Reise an einen anderen Ort. Der reale Raum wird unwirklich.

– Mathias Kassung, Schüler, 27.11.15

Hat mir voll gut gefallen euer Audiowalk. Erstaunlich, wie nah einem Stimmen kommen können.

– Sarah Stützinger, Theologin, 27.11.15

Danke für diese tolle Klang- und Raumerfahrung. Der Audiowalk transformierte mich zum Touristen im ‚eigentlich‘ vertrauten Grimm-Zentrum.

– Marcel Pasternak, bildender Künstler, 29.11.15

… als würde sich der Raum verwandeln; ich hatte das Gefühl, als würde ich ein Hörbuch live erleben. Die profane Realität wurde zu einer verwunschenen Geschichte.

– Dr. Christian Honey, Wissenschaftsjournalist, 16.12.15

Fotos: © Kerstin Kühl
Grafik: © Franziska J. Paul